Schon mein letzter BLOG-Beitrag hat sich mit un-sinnigen Dokumenten (bzw. Checklisten) beschäftigt. Die Rückmeldungen dazu haben deutliche gemacht, dass das Thema noch lange nicht ausgeschöpft ist. Heute geht´s um Basics! Wozu wurden eigentlich Vorgabedokumente erfunden?

Vorgabedokumente in rauhen Mengen

Zu viele sinnlose Dokumente?

Vorgaben werden in Managementsystemen schnell mal in einen Prozess gefasst, auf Papier gebracht oder in´s Softwaresystem katapultiert. Und sie gelten dann – nach kurzem (elektronischem) Hinweis oder Unterweisung als „gesetzt“ und erledigt… Die detaillierte und dokumentierte Darstellung sollte doch reichen, die Umsetzung zu gewährleisten und für´s Audit zu belegen?!

Ganz so einfach ist es nicht! Der Blick auf den eigentlichen Ursprung dieser Dokumente macht deutlich, warum! Für ihre Erfindung gibt es nämlich einen wirklich guten Grund!

Wie Vorgabedokumente entstanden …

ArbeitsteilungVor mehr als 200 Jahren hat sich gezeigt, dass Arbeitsteilung in der industriellen Produktion eine gute Sache ist (ein gewisser Adam Smith hatte hier seine Finger drin). Es wird allerdings auch schnell klar, dass sie (die Arbeitsteilung) koordiniert werden muss. Dazu braucht es Information, Abstimmung und einen gewissen Überblick. Eine Aufgabe, die damals den Führungskräften zugeteilt wird.

Allerdings kann so eine Führungskraft – auch damals schon – nicht immer überall sein und jeden Arbeitsgang direkt im Auge behalten. Auch jeden Mitarbeitenden persönlich an die Hand nehmen, funktioniert nicht.
So kommen schriftliche Regelungen in´s Rennen: Zuständigkeiten, Abläufe, Verfahrensweisen, die vorgeben, wie der Betrieb zu laufen hat. Die indirekte (oder strukturelle) Führung ist geboren.

Diese Regelungen sollen jetzt auch gelten, wenn die Führungskräfte gerade nicht vor Ort sind und diese so entlasten. Also eine wirklich gute Sache! Auch heute noch! Aber…

Papier ist geduldig!

Ein einmal verkündetes Dokument macht – zumindest heutzutage – kaum einen Unterschied. Es gibt ja schon reichlich davon. Im alltäglichen Chaos gilt es, sich auf´s Wesentliche zu konzentrieren! Und das hat in der Regel mit Menge und Umsatz zu tun…

So ist die frische Regelung im Zweifel schnell wieder untergegangen. Es kommt sicher gleich eine neue…

Vorgaben „wichtig“ machen und für ihre Einhaltung sorgen

Es sei denn, die zuständige Führungskraft schafft es, dem Neuen Gewicht zu verleihen und dafür zur sorgen, dass es ernst genommen und eingehalten wird! In der klassischen Hierarchie gibt es dafür das Führungstool „Kontrolle“ und bei Nicht-Einhaltung klare disziplinarische Konsequenzen. Natürlich ganz fair über stufenweise, klar kommunizierte Eskalation…

Moderne Führung setzt (gleichzeitig) etwas früher an und bezieht die Mitarbeitenden bei der Erarbeitung der neuen Vorgaben ein. So lässt sich viel besser begreifen, welcher Missstand hier behoben und welcher Unternehmensschmerz beseitigt werden soll – oder zumindest reduziert. Auch das schafft Bedeutsamkeit. Manche nennen das auch Motivation…

Wer führt wen im Managementsystem?

In Managementsystemen entstehen viele neue Vorgabedokumente nicht aus der Linie heraus: Neue Normen oder gesetzliche Vorgaben, Impulse aus internen und externen Audits…. Man bekommt fast den Eindruck, sie sollen die Führung nicht nur entlasten, sondern ersetzen….

Und viel zu oft gelangen diese Vorgaben in´s sowieso schon gut gefüllte System, ohne wirklich mit Bedeutsamkeit aufgeladen zu werden. Die verantwortlichen Führungskräfte bekommen all das nur am „am Rande“ mit. Es interessiert sie nicht weiter. Schließlich gibt es genug zu tun. Das ist Sache der Stabs- bzw. Fachkraft…

Dumm nur, dass so eine Stabsstelle in der Regel eben keine Weisungsbefugnis hat. Auch die Sache mit der sinnvollen Arbeitsteilung ist für Ortsfremde nicht ganz einfach. So kommt eine grundlegende Antriebsquelle klassisch hierarchischer Organisationen nicht zur Wirkung und wichtige (qualitäts-, schutz- und sicherheitsrelevante) Regelungen dürfen ihre Kraft nicht entfalten… Zumindest sind sie dokumentiert!

Wen wundert es da, dass viele Beauftragte in Fach- und Stabsfunktionen mehr Arbeit haben, als ihnen lieb ist und die Umsetzung trotzdem zu wünschen lässt?

Links und Verweise

Mehr Details und Hintergrundwissen zum Thema Führung im Managementsystemen (Aufgaben, Prozesse, gesetzliche Grundlagen) finden sich hier.

(Link zum pdf-Auszug mit Inhaltsverzeichnis auf der Seite des Verlages)

Quellen zu Grundlagen der Führung:

Alexander Wick und Bernd Blessin: Führen und führen lassen

Lutz v. Rosenstil : Grundlagen der Führung in: Rosenstiel, Lutz von; Regnet, Erika u. Domsch, Michel E.: Führung von Mitarbeitern, Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement

Reinhard Sprenger: Radikal führen

Rolf Wunderer: Führung und Zusammenarbeit – eine unternehmerische Führungslehre

Bildnachweis:

Foto „Tiger“: Bild von Anja🤗#helpinghands #solidarity#stays healthy🙏 auf Pixabay

Foto „Ordner“: Bild von Jana Schneider auf Pixabay

Foto „factory“: Bild von Peter H auf Pixabay