„Das hat er wieder nicht aufgepasst! Das ist nicht das erste Mal, dass dem Meier so etwas passiert!“
Gibt´s ein Problem, wird immer mal schnell der Mensch zum Verursacher erklärt. Eine Strategie, die uns scheinbar in den Genen liegt. Irgendjemand muss schließlich Schuld sein! Und so ist das Thema auch schnell vom Tisch. Herr Meier wird mit seinem Fehlverhalten konfrontiert, zur Besserung aufgefordert und dann auf ein Neues…
Das es im betrieblichen Alltag sehr viel mehr „beteiligte“ oder auslösende Faktoren gibt, ist nicht immer gegenwärtig. Insbesondere dann, wenn sie nicht einfach aufzulösen sind – wie beispielsweise Hochdruck erzeugender Zeitmangel, zu viele oder verwirrende Anweisungen oder auch verunsichernde „explosive“ Führungskräfte …
Ein wunderbarer Weg, wirklich etwas zu bewegen und Verhalten nachhaltig zu beeinflussen, ist den Fokus zu verschieben. Wer kann das besser als der „Meister“ des Lösungsfokus: Steve de Shazer?!
Ursprünglich hat er diese Technik in der therapeutischen Arbeit mit Menschen eingesetzt. Als Grundhaltung ist er (der Lösungsfokus) inzwischen allerdings auch in die Organisationsentwicklung, Change- und Transformationsberatung gesickert.
Managementsysteme – und insbesondere die Fehler- und Verbesserungsaktivitäten darin – können davon ebenfalls profitieren.
Ein inspirierender Ansatz für Fehler und Probleme: Ausnahmen suchen
Fehler und Probleme nachhaltig bearbeiten ist seit jeher eine Herausforderung. Wie gut, dass diese Thematik nicht nur in Managementsystemen auftaucht und gute Erfahrungen in anderen Arbeitsfeldern sich ggf. übertragen lassen: Steve de Shazer, ursprünglich im therapeutischen Bereich, inzwischen auch im Spielfeld des Coaching anerkannt, ist bekannt für seinen konsequenten Blick auf die Lösung eines Problems.
Bezogen auf Managementsysteme und die darin angelegte Fehlerbearbeitung (auch „Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen“ genannt) ist dies ein sehr inspirierender Ansatz: Statt das Problem mit allen Ursachen, Wurzeln und Schuldigen intensiv in die Tiefe zu analysieren, wird danach geschaut, wo die „Ausnahmen“ vom Problem sind und was getan werden kann, diese zu verstärken… Ein solcher Blick stärkt, denn er schaut darauf, was gut und richtig läuft.
Außerdem macht das Wörtchen „Ausnahme“ schmunzelnd deutlich, dass diese in der betrieblichen Praxis oder wo auch immer das Problem verankert wird, eigentlich die „Regel“ ist. Schließlich taucht der Fehler nicht ständig auf. Der Normalfall der persönlichen oder betrieblichen Realität ist fehlerfrei.
Anwendung konkret: Was macht den Unterschied?
Übertragen auf die Welt der Managementsysteme (ich bin so frei.. ;)) könnten wir also fragen:
- Was genau ist „anders“, wenn keine Fehler passieren?
- Wann sind wir gut? Was gelingt uns dann besser, sicherer, risikobewusster…?
- Was genau sind die Rahmenbedingungen, die das unterstützen und ermöglichen?
- Und was lässt sich ggf. „verstärken“, um zukünftige Fehler zu vermeiden?
Warum nicht (auch) eine Fehlerbearbeitung etablieren, die gleichzeitig die Chance bietet, Vorhandenes zu „wertschätzen“? So „erinnert“ ein Fehler oder Problem daran, auch das Gute zu sehen und womöglich sogar zu loben (was ja bekanntermaßen in der betrieblichen Praxis oft viel zu selten vorkommt). Gleichzeitig besteht die Chance, Problem- und Fehlerbearbeitung vom lähmenden Dogma des Scheiterns zu befreien. Vielmehr wird das (betriebliche) Selbstbewusstsein gestärkt und Motivation und Energie freigesetzt zum Lernen, weiterentwickeln, Verbessern.
Links und Verweise
++ Bilder-Nachweis: alle Bilder von Pixabay
++ Stärken weiterentwickeln ist in der Organisationsberatung nichts Neues und findet sich u.a. in „Appreciative Inquiry“.
++ Das Thema „Fehler“ (Definitionen, Entstehung/Ursachen, Umstände) inklusive Hinweise zur Fehlerkultur sind im Kapitel 9 ausführlich beschrieben.
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