Persönliche Perlen zur Fachtagung an der Hochschule Zittau-Görlitz Ende November 2019 habe ich schon im Dezember-Blog geschildert. Hier und jetzt kommt – wie angekündigt – meine Keynote mit einigen Highlights. Anlass war das fünfjährige Jubiläum des Studienganges “Integrierte Managementsysteme”.
Auch Wissenschaft und Lehre stellten sich die Frage, ob “agile Managementsysteme”  Sinn machen und wie sie aussehen könnten…

 

Worum ging´s? – Die Ankündigung im Programm

Susanne Petersen

“Managementsysteme stehen für Grundprinzipien, die der Agilität scheinbar widersprechen –Prozesse und sich wiederholende Routinen, Weg und Ziel sind klar definiert. Managementsysteme stehen allerdings nicht nur für standardisierte Routinen! Ihr Zweck sind Innovation und Verbesserung, die in der Regel situativ und einmalig geschehen.

Susanne Petersen diskutiert, wie agile Methoden in den Kontext Managementsystem passen und hier für frische Ideen sorgen können, damit Fach- und Führungskräften die gemeinsame Verfolgung von Qualität, Umwelt- oder Arbeitssicherheit erleichtert wird.”

Soweit der Text im Programm der 2-tägigen Fachkonferenz.

 

Leitfragen meines Beitrages waren:

  • Wozu soll „agil“ gut sein?
  • Wie geht das im IMS?

Zunächst habe ich den Wassersport bemüht, um dem Begriff „Agilität“ auf die Spur zu kommen. Das folgende Video zeigt den entsprechenden Abschnitt (leider nur von der Seite…)

 

Dazu die Definition von Svenja Hofert (2016)

 „Agilität ist die Fähigkeit von Teams und Organisationen, in einem unsicheren, veränderlichem und dynamischen Umfeld flexibel, anpassungsfähig und schnell zu agieren.“

Beides macht schnell klar, dass Agilität sich insbesondere in der Zusammenarbeit (von Teams) zeigt und hier für Anpassungsfähigkeit und schnelles Reagieren steht.

 

Wozu ist das gut?

Was treibt eigentlich Unternehmen dazu, agiler zu werden?  

Hier halfen uns zwei Beispiele konkreter Unternehmen und ihrer Vertreter, die auf diesen Seiten nicht neu sind:

Sven O. Rimmelspacher von Pickert & Partner GmbH berichtet in seinem Buch (“Auf geht´s”) darüber. Sein Unternehmen wuchs nach der Übernahme eines weiteren auf eine Mitarbeiterzahl von über 50. Der direkte Draht war nicht mehr praktikabel, alles alleine entscheiden auch nicht.
So stellte sich für ihn die Frage nach mehr Führungsebenen, mehr Hierarchie, mehr Bürokratie…  Allerdings war ihm auch klar: „Sind die Menschen in meinem Unternehmen nicht alles erwachsene Menschen, die in ihrem Privatleben auch alles selbst entscheiden, ohne einen Chef fragen zu müssen?“

Hans Schmill begründet die  „agilen Wesenszüge“ der Abat AG eher mit der gemeinsamen Konzernvergangenheit der Gründer und der dort damals ausgeprägten Regeldichte und Bürokratie.

Gerade diese Praxiserfahrungen machten deutlich, dass sich die agile Veränderung nicht nur auf dem Papier abspielt, sondern in den Köpfen der Mitarbeitenden. Es werden nicht nur neue Organisationsstrukturen und Methoden eingeführt. Auch das Miteinander in Führung und Zusammenarbeit verändert sich drastisch.

Fehlen dann Zu- und Vertrauen in die Kollegen, werden diese von den ehemaligen Chefs fachlich immer wieder verbessert und korrigiert. Lernen in Richtung Eigenverantwortung braucht allerdings die Möglichkeit, eigene Erfahrungen und Fehler zu machen ….

Perlen aus der agilen Unternehmensarchitektur

Unternehmen im agilen Wandel führen nicht einfach nur neue Methoden ein wie z.B. SCRUM. Sie wissen auch warum.

Um das greifbarer zu machen, half ein kleiner Ausflug in Werte und Rollen im Scrum und die Schaffung kreativer Räume im Design Thinking. So wurde schnell deutlich, welcher konkrete Nutzen an der agilen Veränderung hängt und wie vielseitig die Einflussfaktoren auf das erwünschte Verhalten sind.

Agile Frameworks (Rahmenbedingungen) berücksichtigen an vielen Stellen die Eigenarten des „Faktor Mensch“. Schließlich sind diese aus den Motivationswissenschaften und der Organisationspsychologie bekannt. Besonders die Balance zwischen Rahmenbedingungen, die Orientierung und Sicherheit geben und dem Bedürfnis nach Freiraum für Autonomie und Selbstbestimmtheit ist immer wieder Herausforderung – auch in agilen Unternehmen.

Die Anwendung im IMS – Wer mitmischt, steht dahinter!

Am Ende des Vortrages ging es in die Praxis: Natürlich „geht“ agil auch in Integrierten Managementsystemen!

Auch ohne das gesamte Unternehmen zu transformieren, lassen sich Denkweisen und Praktiken adaptieren, und dies nicht nur im Bereich der Innovationen und Verbesserungen. Standups und timeboxing machen jeder Besprechung Beine… Zeitgemäße Führung ist auch ohne Scrummaster möglich!

agil managementsysteme Graphic Recording thomas Hönel

Graphic Recording Thomas Hönel

Ein wesentlicher Einflussfaktor für Akzeptanz (nach wie vor ein Mangelfaktor in Managementsystemen) ist das Mit-Mischen. Was spricht dagegen, in Prozessen mehr Selbstorganisation zu ermöglichen?  In den gängigen DIN ISO Normen ist „Beteiligung“ und „Engagement“ kein Tabu!
Gerade hier bietet die agile Werkzeugkiste reichlich Unterstützung mit Ideen, den Rahmen für gute, produktive und zielgerichtete Zusammenarbeit zu gestalten – z.B. mit Visualisierung und Fahrplänen für Entscheidungsverfahren mit entsprechenden Methoden.

Gehaltvolles auch am Ende

Die anschliessende Diskussion zeigte, dass der eine oder andere Funke übergesprungen ist. Die Nachfragen und Anmerkungen der Zuhörenden klärten weiter und halfen, Wichtiges zusammenzufassen. Die Frage eines Geschäftsführers nach der konkreten Anwendung im Managementsystem konnte allerdings nur offen bleiben. Hier muss jedes Unternehmen für sich klären, was gerade weiterhilft und gebraucht wird und wozu “agil” seinen Beitrag leisten kann….

Mit dem letzten Statement beflügelte ein anwesender HSZG-Professor die Zuhörenden: Er fühlte sich durch den Vortrag überraschend an die Zeiten des Toyota-Managementsystems Anfang der 90iger Jahre erinnert. Hier waren (und sind..) Teams ähnlich autonom und selbstorganisiert und zeig(t)en im Denken und Tun beachtliche Leistungen…

Gute Ideen lassen sich halt nicht unterkriegen…😉

 

Links & Verweise

Bilder-Nachweis
ergänzende Bilder von Pixabay