„Agil scheint einiges zu bewegen. Funktioniert das auch in Managementsystemen?“
Diese Frage höre ich in in letzter Zeit häufiger: In Kundengesprächen, Workshops, Vortragsveranstaltungen. In der Tat: Agilität ist in EDV-Kreisen inzwischen ein „alter Hut“. Auch in der Organisationsentwicklung um Digitalisierung und Industrie 4.0 zieht sie immer größere Kreise. Im Reich der Managementsysteme allerdings blitzt sie bislang nur punktuell auf.
Das könnte sich allerdings ändern – aus guten Gründen. Hier ein kleiner Vorgeschmack…
Auf den ersten Blick nur Widersprüche
Managementsysteme stehen für Grundprinzipien, die der Agilität scheinbar widersprechen. Schauen wir uns die vermeintlichen Widersprüche genauer an:
- Managementsysteme wollen sicher gelenkte Prozesse, auf die sich Kunden und Gesetzgeber verlassen können ⇔ Agilität steht für selbstorganisierte Teams, die vornehmlich „machen, was sie wollen“.
- In Managementsystemen sollen keine Fehler geschehen ⇔ Agilität schwört auf Experimentieren: Je mehr Fehler, umso mehr Lernen.
- Managementsysteme stehen für Stabilität ⇔ Agilität ist flexibel: Anpassungen und Veränderungen sind willkommen.
In der Weiterbildung zur SCRUM-Masterin für „agiles Projektmanagement“ lösen sich einige Knoten.
Hier lerne ich übrigens nicht nur Theorie! Hier finden sich auch Menschen, die SCRUM im Alltag praktizieren und selbst erfahren haben, was hilft und wo es harkt. Eine wichtige Bereicherung – danke schön 😉
SCRUM – agil mit festem Rahmen
Nicht umsonst nennen Ken Schwaber und Jeff Sutherland „ihre“ Methode ein Framework!
Rahmen und Regeln sind klar definiert und die Teams bekommen viel Unterstützung dabei, all dies einzuüben bis es zur Routine wird (u.a. durch den SCRUM-Master).
Aber es gibt auch klar definierte Freiräume. Schließlich geht es bei SCRUM darum, Neues zu erschaffen. Und dazu braucht es eine denk- und kreativitätsförderliche Umgebung:
- regelmäßige Zusammenkünfte (z.B. Dailies), in denen abgestimmt, synchronisiert, Fragen und Probleme gemeinsam gelöst werden,
- deren Zeiten allerdings diszipliniert eingehalten werden, um Wort-Verschwendung und Besprechungs-Marathons zu vermeiden (Timeboxing)
- klar terminierte Zeitpunkte für den „Zufluss“ neuer Erkenntnisse, Wünsche und Anforderungen der Auftraggeber (durch den Product-Owner) und somit
- festgelegte Zeitabschnitte, in denen ungestört und konzentriert gearbeitet wird.
Agiles Projektmanagement fördert also kein Chaos, sondern schafft einen geschützten Rahmen, in dem ein Team gute Arbeit leisten kann.
Agile Projekte in Managementsystemen?
Wer „Managementsystem“ hört, denkt schnell an Prozesse. Sie definieren sich wiederholende Routinen. Geordnete Schrittfolgen sortieren den Alltag und die Transparenz erleichtert das Erinnern und läßt das Auditorenherz höher schlagen. Weg und Ziel sind klar definiert und werden – hoffentlich – auf diese eine Art und Weise abgearbeitet.
Neues denken für Innovation und Verbesserung
Managementsysteme stehen allerdings nicht nur für standardisierte Routinen! Sie beherbergen auch einmalige Vorhaben (Projekte) – hegen sogar eine besondere Leidenschaft für Innovation und Verbesserung, die in der Regel situativ und einmalig geschehen. Gerade hier könnten agile Vitaminspritzen für frische Ideen sorgen!
Prozesse erfinden
Jeder Prozess beginnt mit seiner Entwicklung und Einführung. Auch hier lässt sich ein zeitlich begrenztes Projektteam zusammenstellen, das sich aus der agilen Werkzeugkiste bedient.
Sehr hilfreich sind beispielsweise methodische Instrumente zur Visualisierung des Verlaufs (Kaban-Board). Sie unterstützen die Transparenz über den Stand der Dinge und erleichtern Verständnis und Diskussion.
Das beim Erfinden ausprobiert und experimentiert werden muss, gilt auch in Managementsystemen. Viel zu oft werden hier im Auftrag von Kunden oder Gesetzgeber Soll-Routinen beschrieben, die „unrealistisch“ sind und nicht in den Alltag passen.
Im Sinne der Machbarkeit und Akzeptanz können Probephasen gern etwas länger dauern. Oft lassen sich nur aus dem Alltagbetrieb heraus sinnvolle Rückschlüsse ziehen. Und das sind dann „Fehler“, aus denen sinnvoll gelernt wird!
Prozesse haben in der Regel mehr als ein Ziel. Wenn etwas im Sinne des Unternehmens besser, schneller, sicherer werden soll, muss einengende Konformität zurücktreten!
Hier findet Lernen statt! Und Lernen braucht (Spiel)Raum…
Zurück zur Frage: „Agile Managementsysteme – geht das?“
Hmmm… Wie dargestellt kann SCRUM Managementsystemen durchaus auf die Sprünge helfen… Warum auch nicht?
Aber „agil“ ist mehr als agiles Projektmanagement á la SCRUM – deshalb werde ich auf die Frage wohl zurückkommen müssen…
Meine (vorläufige) Antwort: AgilERe Managementsysteme gehen bestimmt! 😉
Links & Verweise
Mehr Details zu SCRUM, seine Eigenheiten und die Einbettung in das Reich agiler Methoden finden Sie als freien Download „FAQten für agile(re) Managementsysteme“ .
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